Wenn der Vermieter Eigenbedarf anmeldet, muss er dies begründen / Modalitäten des Widerspruchs.
Wenn der Vermieter Eigenbedarf anmeldet, muss er dies begründen
Ins eigene Haus einziehen? Wer ein vermietetes Gebäude kauft, kann das nicht so einfach. In Deutschland ist der unbefristete Mietvertrag weit verbreitet. Bei ihm kann der Vermieter nur aus berechtigtem Interesse kündigen. Oft ist das Argument Eigenbedarf. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Stellschrauben dafür teilweise gelockert. Manches ist heute nicht mehr zwingend ein Hindernis.
Unbefristete Mietverträge sind eine deutsche Besonderheit. In anderen Ländern, zum Beispiel Spanien, Portugal und Italien, enden Verträge häufig mit Ablauf einer bestimmten Zeit. Der Vermieter kann dann einfach nicht verlängern und vielleicht selbst einziehen.
Die Eigenbedarfskündigung ist gesetzlich geregelt. Zum Beispiel muss im Kündigungsschreiben an den Mieter stehen, wer an seiner Stelle einziehen soll und warum. Diese Erläuterung muss ausführlich und nachvollziehbar sein. Den reinen Gesetzestext zu zitieren genügt nicht.
Doch die Anforderungen an den Eigenbedarf hat der BGH schrittweise gesenkt. Unter anderem wird die beabsichtigte Nutzung als Ferien- und Zweitwohnung für nur wenige Wochen im Jahr als Begründung akzeptiert. Wer die vermietete Bleibe als Domizil für gelegentliche Besuche in Oper, Museum oder Fußballstadion braucht, kann sich ebenfalls auf Eigenbedarf berufen.
Dass man die Wohnung sporadisch nutze, spricht nicht mehr gegen Eigenbedarf.Kündigungsgrund kann auch sein, dass ein Kind in ein Haus oder eine große Wohnung einziehen will, um dort eine Wohngemeinschaft zu gründen.
Mieter können sich mit einem Widerspruch gegen die Kündigung wehren. Dann geht die Sache in der Regel vor Gericht. Hochrechnungen des Deutschen Mieterbunds zufolge haben deutsche Gerichte im Jahr 2017 rund 13 400 Fälle von Eigenbedarfskündigungen entschieden. Das sind fast sechs Prozent der Mietrechtsurteile.
Wie sehr sich Mieter mit ihrem Widerspruch beeilen müssen, hat auch der Vermieter in der Hand: Hat er in seinem Schreiben auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen, muss der Mieter diese bis spätestens zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist ausüben.
Widerspruch muss gut begründet sein.
Anders ist es, wenn der Eigentümer nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen hat. Es reicht dann, wenn der Mieter sein Nein vor Gericht zu Protokoll gibt und zwar in der ersten mündlichen Verhandlung über die Kündigung.
Zur Abwehr einer Kündigung berufen sich Mieter vielfach auf die sogenannte Sozial- oder Härtefallklausel (Paragraf 574 des Bürgerlichen Gesetzbuchs BGB). Zu den Härtegründen gehören Alter, Krankheit, Schwangerschaft, Mietdauer, Verwurzelung im Umfeld oder kurz bevorstehende Prüfungen.
Nach Ansicht des BGH kann es demnach zwar ein Härtegrund sein, keine angemessene neue Wohnung zu finden. Zuvor muss der Mieter jedoch beweisen, dass er ernsthaft und intensiv gesucht hat: etwa mit Hilfe von Freunden, Familie, Ämtern, Zeitungsannoncen, Internet. Der pauschale Hinweis auf Wohnungsknappheit zieht nicht.
Eine Ersatzwohnung gilt dem BGH zufolge als angemessen, wenn sie „den Bedürfnissen des Mieters entspricht und für ihn finanziell tragbar ist“. Sie darf kleiner und etwas teurer sein sowie in einer anderen Gegend liegen. Was angemessen ist, bestimmt das jeweilige Gericht.
Generell schützen Alter, Wohndauer und Krankheit nicht vor einem erzwungenen Umzug. Im Zweifel klären die Gerichte mithilfe ärztlicher Gutachten, ob einem kranken Mieter oder seinen kranken Angehörigen ein Wohnungswechsel zugemutet werden kann. Ein einfaches ärztliches Attest reicht nicht mehr zur Begründung einer Härte, wenn der Mieter eine Verschlechterung seiner Gesundheit wegen des Umzugs anführt.
Sieht das Gericht ein schützenswertes Interesse des Mieters, in der Wohnung zu bleiben, verlängert es das Mietverhältnis. Die Richter legen fest, für wie lange. Die Frist endet jedoch spätestens, wenn die Härte wegfällt.